Donnerstag
Noch vor halb acht setzen wir uns morgens mit lautem Hupen in Bewegung. Die ersten Kilometer klappen auch verheißungsvoll gut. Einige der 33 an Bord befindlichen Schülerinnen und Schüler haben schon ihre ipads vor sich und erledigen bereits die im Schulportal hochgeladenen Aufgaben. Die eine von zwei Begleiterinnen, die es unverantwortlicherweise gewagt hat, sich während der Fahrt von ihrem Sitzplatz zu erheben, kann es kaum glauben. Währenddessen haben sich andere entschlossen, ihren Sitznachbarn zum Kissen umzufunktionieren und Schlaf nachzuholen. Insgesamt herrscht sehr viel Ruhe an Bord. Das ändert sich auch nicht, als wir im Kölner Raum erst im Stau stehen und dann die Autobahn verlassen und über Schleichwege durch Dörfer mit dem unerwarteten Namen „Sträßchen“ bis nach Leverkusen und weiter fahren. Der Stau wird uns von dem Moment an begleiten. Erstes Highlight ist dann die Raststätte Aachener Land, wo einige sich durch besondere Schlauheit auszeichnen, nämlich indem sie sich bereits um halb elf morgens mit Pommes, Burger oder Chicken Nuggets versorgen, frei nach dem Motto „Wer weiß, wann es wieder was gibt“. Dies ist eine weise Entscheidung, denn einige Staus später wird, inzwischen in Nordfrankreich, eine Raststätte angefahren, die sich mit dem vielversprechenden Essenszeichen auf einem Schild ankündigt. Nicht jedes Schild hält allerdings, was es verspricht. Da die an dem Tag eine große Rolle spielenden Lenkzeiten bereits bis zur letzten Minute ausgereizt sind, muss die Pause dann doch hier und nirgendwo anders stattfinden. Neben der fehlenden Gastronomie halten die Sanitäranlagen auch nicht das, was sie versprechen. Die beiden Ältesten der insgesamt 35-köpfigen Gruppe spendieren hier immerhin eine Runde Tempos und/oder Desinfektionsgel. Nach einer wahren Tour de France über Amiens und Rouen, um den Raum Paris, der von wütenden Bauern mit ihren Treckern blockiert wird, großräumig zu umfahren (diese geniale Idee hatten andere übrigens auch), kommen wir schließlich nach gut 12 Stunden Fahrt endlich im kleinen Mignières an. Dort warten schon die gastgebenden Eltern und Kinder, und nach einigen typischen Problemchen bei der Begrüßung (bise gegen Händedruck) setzen sich die Autos mitsamt den 33 Jugendlichen und ihrem meist umfangreichen Gepäck in Bewegung. Später am Abend erscheinen etliche Daumen hoch in der Signalgruppe, ob alles in Ordnung ist. Und das Fazit des Tages? Kein Trecker kann uns stoppen!!!
Freitag
Der erste Schultag in der neuen Heimat auf Zeit. Später als bei uns geht´s hier los, erst um 8.20 Uhr müssen alle auf dem Schulgelände eintreffen. Wir sind gespannt, wie die erste Nacht verlaufen ist. Ihr werdet es erfahren, denn: Fortsetzung folgt …
Freitag Fortsetzung
Pünktlich laufen alle auf dem Schulhof des Collège St Jacques de Compostelle auf. Viele mit einem Strahlen im Gesicht, hat man doch die erste Nacht bereits gut hinter sich gebracht. Den vielen Erzählungen nach haben die Kinder es gut getroffen, eine Mehrheit ist rundum zufrieden. Das Einzige, was sich häufig wiederholt, ist die Einschätzung, dass die Franzosen sehr schnell sprechen. Hier will niemand widersprechen. Aber natürlich gibt es diverse Strategien, Sprachbarrieren zu überwinden, und diese kommen offensichtlich auch in den deutsch-französischen Gesprächen zum Einsatz. Im folgenden Unterricht machen unsere Schülerinnen und Schüler die Erfahrung, dass man auch an dieser Schule kein Kaugummi im Unterricht kaut, und alle Handys werden täglich in der ersten Stunde einkassiert. Dass darunter auch ein paar von uns sind, macht es etwas kompliziert, als wir dann um halb zwölf nach Chartres aufbrechen wollen, aber natürlich klappt auch das. Der Bus, der uns mitnehmen soll, fährt dann erstmal an uns vorbei, und einen Anruf später wissen wir immerhin, dass er am Lycée Franz Stock, dem Franz-Stock-Gymnasium des Ortes, auf uns wartet. Den Fußmarsch dorthin erledigen wir in zwei bis drei Minuten, und schon geht‘s los. In Chartres beschäftigen wir uns zunächst mit der Bedeutung des Widerstands, der Résistance, während des Zweiten Weltkriegs und stellen die Verbindung der Stadt zu Franz Stock her. Anschließend besichtigen wir die Kathedrale, wo nun viele von uns entzündete Kerzen brennen. Die vitrailles mit den kleinen Mosaiksteinchen aus Glas mit dem typischen Blau als immer wiederkehrende Farbe werden ebenso bestaunt wie die prunkvollen Verzierungen. Nach der Besichtigung wird die Innenstadt gestürmt, immerhin ist es bereits Mittag und die Mägen knurren. Viele haben opulente Frühstückspakete dabei, allerdings locken an diesem Tag vor allem die italienischen Restaurants unsere Kinder an. Zum gemeinsamen Spaziergang am Maison du Saumon vorbei Richtung Eure, einem die Stadt durchziehenden Fluss, treffen wir uns nach der Mittagspause, bevor uns der Bus wieder nach Mignières fährt. Dort ertönt kurz nach unserer Rückkehr die ersehnte Klingel, die um zehn nach vier das Ende des Schultages ankündigt. Ein kurzer Tag übrigens, immerhin ist Freitag. Dies ist auch der Moment, wo sich unsere Wege für das Wochenende trennen, und die Kinder die Zeit in den Gastfamilien verbringen, bevor wir uns am Montag Morgen wieder in der Schule treffen werden. Immerhin geben die Bauern ihre Blockade nach und nach auf, so dass wir am Montag unsere Fahrt nach Paris tatsächlich auch antreten wollen. Wie das Wochenende verlaufen ist und ob wir tatsächlich Paris im Sturm erobern werden, könnt ihr später hier lesen…
Samstag und Sonntag
Diese beiden Tage haben alle in ihren Gastfamilien verbracht. Allerdings konnten wir schon einiges herausfinden, was die Kinder in den beiden Tagen erlebt haben. Absolute Highlights waren Bowlen, die Trampolinhalle, Laser Tag und Burger essen. Einige haben ein Schloss besichtigt (die Schlösser der Loire sind nicht allzu weit entfernt), oder Versailles vor den Toren von Paris. Kart- und Squadfahren, Eislaufen, Shoppen in Chartres, die Liste der Aktivitäten ist lang. Mehrere haben die Großeltern oder Tanten und Onkel besucht, und eine Familie ist sogar bis in die Normandie zum Mont Saint Michel gefahren. Positiv erwähnt wurde auch, dass Zeit für Alltagsgespräche war und es gelang, Sprachbarrieren zu überwinden. Einige haben sich mit mehreren Familien getroffen, während andere tatsächlich „nur“ in ihren Gastfamilien das Wochenende verbracht haben. Dass die beiden sich in permanenter Alarmbereitschaft befindenden Begleiterinnen tatsächlich von niemandem während der zwei Tage hinsichtlich irgendwelcher Probleme angerufen wurden, spricht für sich. Gleiches gilt für die französische Seite, wo ebenfalls eine wohltuende Ruhe herrschte. Jetzt bleibt eigentlich nur noch die Frage, wie die beiden Begleiterinnen diese Tage verbracht haben. Doch hierzu sei nur soviel verraten: Man sah die zwei wohl häufiger im innerstädtischen Bereich von Chartres in unterschiedlicher Begleitung in der Nähe von etwas Essbarem. Oder bei Spaziergängen, um sich das Essbare wieder abzutrainieren. Morgen gibt‘s ein Wiedersehen nach dem Wochenende, und die Vorfreude auf die Hauptstadt Frankreichs, die wir besuchen werden, steigt
Montag
Heute wartet die Weltstadt Paris auf uns! Sie hat es eilig, uns in Empfang zu nehmen, denn wir kommen in immerhin weniger als zwei Stunden mit unserem Bus dort an. Wir, das sind alle deutschen und die französischen Austauschpartner, abzüglich eines kranken französischen Kindes. Start unserer Tour de Paris ist an der Seine, an der wir zunächst langlaufen, um dann zum ersten Wahrzeichen von Paris, zu Notre-Dame, zu kommen. Die Arbeiten dort sind noch in vollem Gange, immerhin soll die Neueröffnung nach dem verheerenden Feuer im Dezember dieses Jahres stattfinden. Dank hartnäckiger Verhandlungen kostet der Toilettengang auf der dortigen generalüberholten Anlage zur Verrichtung der Notdurft nur einen Euro statt der vorgesehenen zwei, so dass diejenigen, die sich dieses großzügige Angebot nicht haben entgehen lassen, nun erleichtert den weiteren Weg in Angriff nehmen können. Wieder entlang der Seine geht es nun Richtung Louvre, der uns in seiner imposanten Bauart beeindruckt, doch leider bleibt uns nicht die Zeit, um dort hineinzugehen. Stattdessen gibt‘s Fotos vor der Pyramide, und das mitgebrachte pique-nique kann verzehrt werden. Mit manchen dieser Lunchpakete könnte man übrigens eine Armee versorgen. Gut gestärkt wird dann der Weg durch die Tuilerien angetreten, bis man an der Place de la Concorde mit dem Obélisque de Luxor ankommt. Sollten dort nicht die Champs-Elysées anfangen??? Nur in der Theorie, wir marschieren weiter, bis die Schritte-Apps, die natürlich unsere Wanderlust in Zahlen umrechnen, bald explodieren. An der Ecke schließlich, an der die Geschäfte beginnen, gibt es kein Halten mehr. Immerhin konnten wir zwei Stunden Freizeit dort herausschlagen, so dass jegliches mitgebrachte Geld in Kleidung und Souvenirs umgesetzt werden kann. Vielleicht reicht die Zeit sogar noch für einen Snack. Schnell ist die Zeit herum, und wir treffen uns wieder am Arc de Triomphe. Pünktlich, soviel Zeit muss sein, dies zu erwähnen, trudeln alle mehr oder weniger schwer bepackt wieder ein. Ganz im Zeichen des kombinierten Sightseeing-/Sporttages nehmen wir natürlich nicht die Métro, um zum Eiffelturm zu gelangen. So sieht man viel mehr, man spart Geld und stinken tut es an der frischen Luft auch nicht. Viele gute Gründe für das nächste Extreme Walking. Doch dann irgendwann biegen wir um die Ecke, und dieser Anblick lohnt sich jedes Mal auf’s Neue. Majestätisch ragt der Eiffelturm in die Höhe, und die Handys werden beansprucht, bis sie rauchen. Natürlich erst, nachdem die Mädels ihre langen Haare mit 100 Bürstenstrichen gepflegt haben und sie bereit sind, ihr Lächeln der Kamera zu schenken. Allein, zu zweit, zu dritt, zu viert und so weiter. Das dauert. Die Jungs sind an dieser Stelle (gänzlich unerwartet?) wesentlich fixer, vielleicht auch nur aufs Wesentliche fixiert. Dann marschieren wir noch die Treppen hinab und landen nahezu direkt vor unserem Bus. Umgehend werden wieder die Rucksäcke im Kofferraum verstaut, eine Praxis, mit der wir uns noch nicht so richtig anfreunden können, aber dann geht‘s auch schon wieder los. Die Rückfahrt toppt die Hinfahrt noch in punkto Zügigkeit, und so kommen wir fast eine Stunde früher als geplant wieder am Collège in Mignières an. Da die bereits erwähnten Handys nicht nur Fotos machen, sondern sogar telefonieren können, sind die Eltern bereits informiert und erwarten uns größtenteils bereits an der Schule. Im Anschluss gibt es in den Familien natürlich noch ein Abendessen, doch heute Abend fallen vielen die Augen doch ziemlich früh zu…
Dienstag
Heute erwartet uns ein (fast) normaler Schultag. Beginn um 08.20 Uhr, soweit so gut. Ende um 17 Uhr, weniger gut. Dazwischen: Stunden in verschiedenen Fächern. In Deutsch steht deutsch-französische Partnerarbeit auf dem Plan, und niemand kann sich entziehen. Immerhin hat man so die Möglichkeit, sich gegenseitig zu befragen und auch zu korrigieren. Das klappt richtig gut. So vergeht der Vormittag, bis die Mittagspause ansteht. Alle Schüler treffen sich zum gemeinsamen Gang (in zwei Etappen) zur Kantine, die sich im benachbarten Lycée Franz Stock befindet. Bis dahin ist noch alles gut. Dann taucht die Essensausgabe vor den Augen der hungrigen Deutschen auf. Weder die Tintenfische noch das Gemisch aus Kartoffeln, Bohnen und Tomaten finden allerdings bei ihnen Anklang. Zumindest die Begleiterinnen stehen nach einiger Zeit satt vom Tisch auf, und die Völkerwanderung nun in die entgegengesetzte Richtung beginnt erneut. Nach insgesamt gut anderthalb Stunden Pause beginnt die zweite Tageshälfte mit Unterricht. Glücklicherweise für uns heute nur bis drei Uhr, denn dann steht ein gemeinsames Spiel auf dem Plan. Gar nicht so unerwartet machen wir uns mit unseren corres wieder auf den Weg Richtung Lycée, denn dort befindet sich auch die Sporthalle. Nach einem Laufspiel wartet die Stärkung auf uns in Form eines deutsch-französischen Kuchens, ursprünglich eine Kreation einer französischen Konditorin in Berlin für die Minister unserer beiden Länder. Anschließend wird noch schnell aufgeräumt, dann geht‘s wieder zurück zum Collège wo schon die Elterntaxis (oder der Schulbus) warten.
Mittwoch
Nach vielen Umarmungen setzt sich unser Bus wieder hupend in Bewegung. Bis zur nächsten Ecke wird noch gewunken, dann sind die Franzosen bereits aus unserem Blickfeld verschwunden. Jedoch nur für ein Jahr, denn dann steht der Gegenbesuch an. Was bleibt, ist die Erinnerung an eine aufregende und erlebnisreiche Woche mit Sprachkurs inklusive. Vive l‘échange!