Tagebuch eines englischen Abenteuers
Samstag
Es ist Samstag Abend, es regnet in Strömen und 42 angehende Anglistinnen und Anglisten aus der Jahrgangsstufe 10 sitzen auf gepackten Koffern im Forum unserer Schule. Ihre Eltern lassen sie größtenteils im Regen stehen. Nicht lange später setzt sich der Bus in Bewegung, und in weiterhin strömendem Regen fährt der Bus durch die Nacht, bis er schließlich in Dünkirchen ankommt, wo die Fähre bestiegen werden soll. Eine lange Wartezeit und eine Passkontrolle später rollt der Bus auf die Fähre, wo die Insassen schnellstmöglich wieder aussteigen, um den Gutschein für ein Frühstück einzulösen. Immerhin ist es bald sechs Uhr. Zwei Stunden später werden die weißen Klippen von Dover sichtbar, und passenderweise geht nun auch die Sonne auf. Zumindest hinter den Wolken.
Sonntag
Nach zwei weiteren Stunden Busfahrt kommt die Gruppe in Begleitung von Herrn Jung, Frau Lütke-Bexten und Frau Nordhoff in dem Seebad Brighton an. Etwas übermüdet, aber frohen Mutes werden die Wanderschuhe geschnürt. In Richtung Brighton Pier flaniert die Gruppe immer am Wasser entlang. Nach dem Erkunden des Piers, auf dem es auch die so typischen Spielautomaten gibt, steht der erste Gang durch die City an. Vor allem die vielen kleinen Gassen in den Lanes mit vielen unterschiedlichen Geschäften gefallen der Gruppe. Und die alten Oldtimer, die immer wieder an uns vorbeifahren vom London to Brighton Veteran Car Race erfreuen uns, weil offensichtlich extra für uns ein Treffen der Freunde der Fahrzeuge aus der Frühzeit des Automobils anberaumt worden ist. Die ersten Füße schmerzen inzwischen, aber das Begleiter-Team kennt keine Gnade. Nein, wir nehmen doch nicht den öffentlichen Bus, um zum Parkplatz zurückzukommen, wir haben doch noch genügend Zeit… Inzwischen ist es dunkel, und der spannende Moment ist gekommen. Die Gastfamilien treffen ein und holen unsere Schülerinnen und Schüler, jeweils in Kleingruppen, ab. Die Anspannung ist in diesem Moment deutlich spürbar. Doch zum Glück dauert es nicht lange, bis diese sich legt. Noch abends erscheinen als Rückmeldung viele Daumen nach oben auf die Frage, wie zufrieden die einzelnen Gruppen mit ihrer Familie auf Zeit sind.
Montag
Ausgeschlafen erscheinen alle bereits morgens um halb acht am Treffpunkt, um in den Bus nach London zu steigen. Noch vor zehn Uhr wird das Ziel, die O2-Arena in Greenwich, erreicht, von wo aus es per Tube in die City geht. Buckingham Palace, Westminster Abbey, Houses of Parliament, Big Ben, London Eye, Trafalgar Square, Covent Garden, Chinatown, Shopping auf der Oxford Street, Piccadilly Circus, nichts ist vor uns sicher. Und die Weihnachtsstimmung ist auch schon garantiert, denn geschmückte Tannenbäume und viele weitere Deko weisen uns deutlich auf das wohl schon nahe Weihnachten hin. Vielleicht sollte noch erwähnt werden, dass sich auch heute die Füße wieder zu Wort melden. Immerhin bleiben wir auf der Rückfahrt weitestgehend vom Stau verschont, und abends geht es zurück in die Gastfamilien.
Dienstag
An dem sonnigen Morgen geht es gewohnt früh von Southwick Richtung Brightoner Zentrum, mit einem Zwischenstopp am örtlichen Sainsbury‘s, wo Getränke und Snacks eingekauft werden können. Wer den vollsten Wagen hatte, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten… Mit dem Besuch des Royal Pavilion wird dem kulturellen Anspruch auf interessante Art und Weise Genüge getan. Besonders der Mitarbeiter, der uns alles rund ums Essen zur Zeit von George IV. vermittelt, kann uns gut unterhalten. Nach einer Mittagspause, die auch dazu genutzt wird, sich an der seafront die Hose von einer unerwartet hohen Welle durchnässen zu lassen, folgt der sportliche Höhepunkt der Fahrt. Die Beachvolleyballplätze sind der vereinbarte Treffpunkt mit den Schülerinnen der 6th form der Brighton Girls (School). In vier schuleigenen Kleinbussen werden die Mädchen zu den Courts gebracht, und schnell können die Matches beginnen. Wichtiger als die sportliche Herausforderung ist aber wohl das Kennenlernen der jeweils anderen Seite. Nach nur wenigen Minuten wird an allen Stellen viel gelacht, auf Deutsch und auf Englisch. Viel zu schnell müssen die Mädchen und einen kleinen Fußmarsch später auch wir wieder in die Busse steigen. Wir fahren allerdings nicht weit. Da das Begleitteam offensichtlich gerne wandert, marschiert die gesamte Gruppe unter den weißen Kreidefelsen mal wieder am Wasser entlang (dieses Mal wird nicht nur eine Hose nass), bis sie nach Rottingdean, einem malerischen kleinen Örtchen, kommt. Ein kleiner Fußmarsch durch das Dorf führt uns zum Geburtshaus von Rudyard Kipling sowie zu einer Kirche aus der Zeit der Normannen. Die Dunkelheit, die längst eingesetzt hat, lässt die Rückfahrt nach Southwick zu einer Lichterfahrt werden. Und dann trennen sich die Wege wieder für eine kurze Nacht.
Mittwoch
Pünktlich wie immer treffen sich die Frühaufsteher an unserem Bus. Heute gibt es etwas typisch Britisches zu bestaunen: strömenden Regen. Da dieser in London besser zu ertragen ist als auf einer Wanderung, wurde am Vortag kurzerhand das Programm für unsere letzten beiden Tage getauscht. Bei besagtem Regen wird zunächst der Tower besucht. Egal ob Kronjuwelen, Folterkammer oder Gefängnis, alles wird besichtigt. Leider lässt der Regen nicht wie vorhergesagt nach, und so lohnt sich unsere wetterfeste Kleidung auf dem Weg durch das heute graue London. Trotzdem gefällt allen die St Paul‘s Cathedral, an der sich die Wege für eine Mittagspause trennen. Im Anschluss gibt es wieder einen sportlichen Höhepunkt: Schlindern auf der Millenium Bridge, so dass selbst die bis an die Zähne bewaffneten Polizisten anfangen zu lachen, als sie die Kinderlein bei diesem Spiel beobachten. Immerhin fällt niemand, so dass wir ohne nennenswerte Zwischenfälle an der London Bridge in die Tube Richtung North Greenwich einsteigen können. Krönender Abschluss ist dann Extreme Shopping in den Outlet Stores in der O2 Arena, die wir über die golden glitzernde Treppe unter den an der Decke hängenden glitzernden silbernen Christbaumkugeln erreichen. Pünktlich zum Ende der Shopping Zeit setzt sich der Bus mit zufriedenen Besitzern neuer Klamotten und einiger Mitbringsel wieder in Bewegung Richtung Southwick. Und dann:“Same procedure as every day … .
Donnerstag
Der letzte Tag in England bricht an und wir machen uns auf den Weg an die Küste jenseits von Brighton. Zum Fotostopp halten wir in Birling Gap. Die Rauheit der See beeindruckt uns nachhaltig, und wir sind nicht davon abzuhalten, die Treppe hinabzusteigen und uns das Schauspiel der an den Strand schlagenden Wellen aus der Nähe anzuschauen. Unglaublich schnell schiebt die Flut das Wasser immer weiter nach vorne, so dass natürlich wieder an einigen Stellen laut gequiekt werden muss. Doch Fotos sind wichtiger, und so werden alle Warnungen der Begleitpersonen in den Wind geschlagen. Wind gibt es übrigens jede Menge. Als genügend Fotos im Kasten oder eher gesagt auf den Handys sind, wird der Bus für eine kurze Fahrt Richtung Beachy Head genutzt. Kurz davor hält unser Transportmittel und schon werden wieder die Wanderschuhe geschnürt. Als wir den im Wasser stehenden Leuchtturm sehen, wartet eine nicht leicht zu lösende Aufgabe der fotosüchtigen Lehrer auf uns. Wir sollen uns alle hinhocken, damit man sowohl uns als auch den Leuchtturm aufs Bild bekommt. Ewigkeiten später klappt dies dann endlich, so dass wir bei frischer Seeluft Richtung Eastbourne marschieren können. Auf den letzten Metern, bereits fast an der Pier angekommen, erwischt uns noch ein heftiger Regenguss, so dass wir klitschnass an der Mall The Beacon ankommen. Gut, dass es in einer Mall genügend Geschäfte gibt, in denen man sich eine trockene Jogginghose kaufen kann. Nach dem Aufenthalt in Eastbourne geht‘s per Bus nach Brighton zurück zum gemeinsamen Abschluss in der Bowlinghalle. Als Abschluss vom Abschluss werden noch die letzten Pfund in die Automaten der so typisch britischen Arcade Games geworfen, die es, anders als bei uns, überall und für jedes Alter zugänglich gibt und die auf unsere Gruppe eine riesige Faszination ausüben. Zurück in Southwick verabschieden wir uns ein letztes Mal und machen uns auf den Weg in die Gastfamilien.
Freitag
Der Rückreisetag ist da! Zu unserer üblichen Zeit morgens um halb acht treffen wir uns wieder mit unserem Busfahrer. Dieses Mal aber schwer bepackt. Irgendwie könnte man den Eindruck gewinnen, dass so manche Tasche dazugekommen ist… Zügig geht‘s nach der Gepäckaktion Richtung Dover, wo wir so früh ankommen, dass wir der vorangehenden Fähre noch beim Ablegen zuschauen können. Also ist genügend Zeit, uns im auf der Straße aufgemalten Zickzackkurs auf den Weg zu etwas Essbarem zu machen. Der Kilometer hin und dann auch wieder zurück klappt immerhin im Trockenen. Irgendwann ist es dann soweit und wir können auf die Fähre auffahren, die mit uns an Bord zügig ablegt. Nur der schrille Alarmton etlicher Handys während der Überfahrt, mit dem vor den Überschwemmungen in Nordfrankreich gewarnt wird, stört die sonst so entspannte Zeit auf der Fähre. Immerhin starten wir nach der Ankunft von der Pole Position, so dass es nicht lange dauert, bis wir im ersten kleinen Stau stehen. Wer Staus lieber größer mag, dem sei die Gegend um Antwerpen an einem Freitag Nachmittag empfohlen. Natürlich kommen wir trotzdem irgendwann spät abends wieder in Neheim an, und das englische Abenteuer findet sein Ende. (Dieser Tagebucheintrag nach zwei abschließenden Sätzen übrigens auch.)
Das Fazit dieser Fahrt ist sowohl auf Seiten der jungen Leute wie bei den Begleitern durchweg positiv. Und so werden alle diese Reise mit Erlebnissen und Erfahrungen in bester Erinnerung behalten …